Samstag, 5. November 2011

Call of Duty Modern Warfare 3 - Analyse Bomben Szene

Seit Gestern ist ja nun die schöne Szene aus den neuen CoD bekannt und es ist auch gleich eine Diskusion darüber entflammt ob es zu weit gehe oder nicht. Vor weg, dies ist keine Bewertung über CoD an sich, ich spiele die Reihe seit dem 1. Teil und seit MW2 leihe ich mir die Teile nur noch aus der Videothek aus und spiele den SP durch.

So, dann wollen wir mal:

Was die Szene ja so kontrovers für einige macht ist der Grund, dass ein Kind stirbt. Ist es ein Tabu? Dürfen Kinder in Fiktion sterben? Je nachdem wie stark man beseitet ist, wird man es ablehnen oder nicht. Ich persönlich drehe nicht gleich komplett durch, stell aber immer die Notwendigkeit davon in frage. Ein Kind hat für uns immer eine Assoziation mit Unschuld, Unerfahrenheit und vor allem von Leben. Ein Kind in einem fikitiven Werk zu töten ist also immer mit Vorsicht zu genießen. Effektiv eingesetzt, kann es dem Leser/Zuschauer/Spieler einen Sinn von Hilflosigkeit bieten, dies erreicht man auch alleine dadurch, dass man den Zustand (Leben oder Tod) im unklaren lässt und die Sachen nur andeutet. Ein Beispiel wo sowas effektiv genutzt wurde, in einem Spiel, ist Silent Hill. Die Story ist von der Suche nach Sheryll angetrieben. Wir wissen nicht was mit ihr ist, ist sie tot, ist sie lebendig? Wir sehen hin und wieder jemanden, der wie sie aussieht aber es nicht sein kann. In Shattered Memories wird es soweit abgeändert, dass unsere Wahrnehmung über sie sich ständig ändert, was uns noch mehr im unklaren über ihr Schicksal lässt und somit unsere Sorge fördert, was alles deutlich unbequemer macht zu verdauen was kommt.

Ausgedehnt von dieser Grundlage, ist der Tod von Zivilisten in einer Kriegsgeschichte auch ein gern genommenes dramatisches Mittel, häufig um die unmenschlichkeit des Krieges und/oder des Gegners zu zeigen. Hier muss man vor allem sehen, dass Figuren in fiktiven Werken überzogene Abbilder der Realität sind. Was wir vermittelt bekommen sind also verzehrte Menschen, wie z.B. in den 2. Weltkriegsgeschichten, die Nazis als unmenschliche grausamme Monster, häufig ohne Gesicht dargestellt werden (siehe die vielen Truppen, die vermummt oder mit Gasmasken aufgesetzt unterwegs sind). Da ich hier nicht über 2. Weltkriegsgeschichten diskutieren will, nehme ich mal bezug auf die MW Gegner. In MW1 (weil ich da noch überhaupt auf sowas geachtet habe), sind unsere Gegner häufig vermummt, wir sehen höchstens noch die Augen aber selten bis gar nicht ein Gesicht. Die Gegner erscheinen dadurch leicht inhuman, was es uns leichter macht sie zu bekämpfen und zu hassen. Ich sollte doch lieber nicht hassen verwenden, da es ein ziemlich starkes Wort und eine starke Emotion ist. In einer allgemeinen Betrachtung auf ein Spiel sollte man sagen können, dass sowas unnötig ist, da die Gegner sowieso nicht real sind und eine Beschreibung von Geraden zwischen Punkten im Raum sind. Ich sehe dass so, da man die Szene nicht als aktiver Spieler, sondern passiv erlebt, sollte man es als Film betrachten.

Kommen wir nun zum eigentlichen Punkt des ganzen: In der Szene sehen wir wie eine Frau mit einem Kind (wir können von Mutter-Tochter ausgehen) spazieren geht, gefilmt von einer anderen Person (höchstwahrscheinlich der Vater). Das Kind sieht ein paar Tauben und rennt zu dem hin, damit sie aufgescheucht werden. Im Hintergrund fährt ein LKW aus einer Seitenstraße raus.  Die Mutter folgt und der LKW explodiert, die Person hinter der Kamera wird umgeworfen und man sieht eine Wolke ausströmen, wahrscheinlich Giftgas oder eine andere Art von Gas. Die ganze Szene spielt in London, da man eindeutig das Parlament mit dem Big Ben sehen kann.

Beginnen wir mal mit den einzelnen Schlüsselpunkten:

Die glückliche Familie in London zeigt uns eine Alltags Szene, die uns an unseren eigenen Alltag erinnern soll. Da wir die Person hinter der Kamera nie sehen ist dies nach allen was wir wissen unsere eigene Perspektive und somit die Menschen die wir sehen unsere Familie. Die Kamera selbst vermittelt uns, dass dies ein besonderer Moment ist, da man selbst heute nicht zwangsläufig jeden Quatsch aufzeichnet, also kann dies entweder ein "Unser schöner London Urlaub" Video oder ein "Der [Insert Number Here]. Geburtstag von [Insert Name Here]" Video sein.
Man versucht uns also aus unserer Defensive zu locken und uns zu zeigen, dass alles ganz Normal von sich geht. Der Zuschauer soll beruhigt werden und sich heimisch und glücklich fühlen. Wir identifizieren uns als Spieler mit der Person hinter der Kamera, womit die Sachen, die passieren werden umso persönlicher werden. Das die Szene als Video gehalten wird, stellt das was passiert also unsere Erinnerung da, was wir für später schonmal im Hinterkopf behalten sollten.

Das Kind, dass die Tauben aufscheucht, zieht uns noch weiter in die Szene herein. Wir kennen sowas auch aus unseren Fußgängerzonen wenn die Kinder gerne den Tauben hinter her jagen. Die folgende Mutter kommt entsprechend der Tochter hinterher um sie entweder wieder an die Hand zu nehmen um weiter zu gehen oder, damit sie verhindern kann, dass ihre Tochter vor den LKW rennt.
Wie schon beim 1. Punkt erwähnt, dient dies um uns zu entspannen, uns das Gefühl zu geben, dass wir dies erleben, indem auf vorhandene Erfahrungen/Beobachtungen zurückgegriffen wird. Diese Szene ist durchweg manipulativ vom Entwickler und soll uns empathisch mit den Charakteren, in der Szene verbinden (sry, für die Redundanz).

Der explodierende LKW zerstört nun die Idylle des Alltags. Etwas ist nicht richtig, was uns aus unsere ruhe reißt, die heile Welt zerstört. Das wir nicht direkt sehen wie die Frau und das Kind getötet werden, haben wir hier die Ergänzung in unseren Köpfen. Somit wird die Szene je nach Betrachter individuell grausammer. Was wir nun haben wäre ein legitimer Grund, warum jemand die Drahtzieher hinter dem Anschlag abgrundtief hassen sollte (hier ist das Wort tatsächlich gerechtfertigt). Wir hätten also etwas, wofür wir kämpfen können.
Was auch immer aufgebaut wurde, wird nun in einem Schlag zerstört. Bevor ich fortfahren kann, muss ich aber kurz auf meine Bilderquelle eingehen. Zu diesem Zeitpunkt war es mir nicht möglich das Video nochmal zu finden, desshalb benutze ich zur Bildanalyse eine Slideshow von Spieletipps, die aus dem Video genommen wurde, der Link zur Seite befindet sich am Ende des Blogs.

Also, die ganze Szene wird zerstört, wenn wir das vermutliche Giftgas/Nervengas/etc. sehen. Da dies so unmittelbar hintereinander passiert und wir davon ausgehen können, das die Person hinter der Kamera wahrscheinlich in Schock ist und wohl nicht gleich weggerannt ist. Wird sie nun ziemlich sicher tot sein. Dies ist nur eine Möglichkeit, da die Kamera unser PoV ist.

Nachdem wir soweit das ganze Betrachtet haben kommen wir nun zum eigentlich Problem am ganzen. Jeder Grund für das Kämpfen, jedes Ziel, was sich aus dieser Szene für die Person hinter der Kamera ergibt, wird durch den wahrscheinlichen Tod sofort ausgelöscht. Unsere sämtliche Beziehung zu dem geschehen wird eliminiert und wir sehen nur die Auswirkungen von Terror, was an sich schon schockierend ist und einen wünschen lässt, dass sowas nicht nochmal passiert. Leider war es das auch schon. Das zeigen des Todes dieser Menschen hat für uns keinen anderen Effekt als wenn wir die Ergebnisse in einer Nachrichtensendung gesehen hätten und hier stoßen wir auf meinen Kritikpunkt. Die Szene an sich ist kalkuliert und unnötig, da wir keine Verbindung mit dem im Endeffekt haben was passiert ist. Alles was ich oben beschrieben habe ist invalidiert gemacht, da unsere Person gestorben ist. Ich möchte zwar nicht den Vergleich machen aber wir haben einen Horror Opening Kill. Ihr wisst was ich meine, die Szene am Anfang von mehr als genug neueren Horrorfilmen, wo ein paar Menschen sterben, die wir erst kurz sehen, von denen wir nichts wissen aber von deren tot wir schockiert sein sollen und Angst vor den Mörder haben sollen. Leider funktioniert Spannungsaufbau nicht so. Wenn wir später durch London sprinten in CoD werden wir keinen Moment mehr an die Familie denken, da uns die Verbindung zu früh gekappt wurde. Lasst uns hier mal MW2 betrachten mit dem Einsatz in Washington DC. Wir sehen ein zerstörtes Washington ohne zu sehen wie es zerstört wird oder wie Zivilisten sterben. Mich persönlich hat der erste Anblick ziemlich tief getroffen, da ich mich zu diesem Zeitpunkt mit einem Ranger identifiziert hatte, der nur seine Heimat verteidigen will und nun mit ansieht wie die Machtzentrale in trümmern liegt. Da wir im Verlauf den Kontrast von heiler Vorortwelt zur zerstörten Großstadt haben, haben wir ein Ziel, für das wir kämpfen, das die alten Zustände wieder hergerichtet werden. Wir wissen nicht wie es um unsere Freunde und Familie steht, sind sie tot oder leben sie noch? Leider arbeitet selbst das Spiel auf einer zu geringen Informationsbasis, da es wieder nur kurzzeitig vorhält und man ziemlich schnell wieder im alten Trott ist. Etwas muss man den Entwicklern aber zusprechen, wenn wir schon MW2 und MW3 im Gespräch haben, wo in MW2 die Flughafen Mission unwichtig und eine kurze Videosequenz hätte sein können, haben sie in MW3 den aktiven Faktor rausgestrichen.

Lasst uns aber zurück auf das Stilmittel kommen, wie es auch gerne in Filmen verwendet wird. Menschen, auch Kinder, werden auch in Filmen getötet und da meckert ja auch dann kein Zuschauer drüber rum. Nehmen wir mal "Lord of War" als Beispiel. In dem Film sieht man eine Szene wo unser Hauptcharakter mit seinem Geld versucht aus einem Kriesengebiet zu verlassen. Dabei kommt es dazu, dass er heimlich beobachten konnte, wie ein paar Kindersoldaten zur Hinrichtung an eine Wand gestellt werden. Sein Bruder, der vorhatte das zu verhindern, wir vom Hauptcharakter aufgehalten. Diese Erfahrung lässt den Bruder langsam aber sicher abdriften und zuflucht im Drogenkonsum zu finden um die Erinnerungen an das und andere Taten zu verdrängen. Unser Hauptcharakter wird später im Film mit den Konsequenzen seiner Waffengeschäfte konfrontriert, wo er in einem Drogenrausch u.a. von Kindern, denen ein Arm abgesprengt wurde, gefragt wird, ob der Arm wieder nachwächst. Die Hinrichtung der Kindersoldaten findet off screen statt und man hört nur die Schüsse. Wo ist der Unterschied, da ja in beiden Situationen auch eine gewisse Hilflosigkeit befindet? (Ich weiß unterschiedliche Szenarien, usw.)
 In "Lord of War" wird der Hauptcharakter von diesen Ereignissen irgendwann mal eingeholt, die tat hat also eine Auswirkung auf spätere Handlungen und Erlebnisse. In CoD wiederrum ist es nur ein Avatar für ein großes Ereigniss, das man hätte auch anders lösen können. Nehmen wir mal als anderen Film, den Film "Enemy at the Gates". Hier haben wir Sascha, ein Junge der unseren Helden mit Informationen über seinen Feind versorgt, indem er als eine Art Doppelagent arbeitet. Sascha wird später im Film gehängt und diesmal sehen wir sogar den Leichnahm (aber nicht den Todeskampf). Saschas tot war eine Konsequenz der Handlung und eine grausamme Taktik des Feindes, wobei dieser Mord nicht einmal als zufällig oder hasserfüllt dargestellt wird, wir sehen in der initialen Szene zur Hängung, wie der Feind Sascha ruhig erklärt, wieso es so kommen muss und ihn sogar einen gewissen Respekt zu spricht. Hier haben wir wieder den Kontrast von Schocktot ohne spätere Bedeutung zu Andeutung und Konsequenz aus Handlungen.


Unter dem Strich muss ich sagen, dass dies jetzt eine sehr oberflächliche Analyse war und deutlich mehr im Material steckt. Ich will auch nicht das Spiel verurteilen für die Szene, da ich es nicht gespielt habe, vielleicht irre ich mich ja auch komplett und das Video ist z.B. ein Video von Soaps Familie, dann wäre dies der Anfang einer dramatischen Kurve, die sich durch das komplette Spiel ziehen könnte. Die Szene aber einzeln als solches ist nicht wirklich passend, da es genug andere Möglichkeiten gäbe, einen Anschlag darzustellen und dem Spieler mehr als nur den Grund zu geben: es muss gestoppt werden, weil es böse ist.

Fazit: Kann ich bevor ich CoD MW3 gezockt habe noch nicht ziehen aber eins muss man tortzdem sagen: Activision hat es wieder geschafft ihr Spiel in aller Munde zu bringen (obwohl es nicht wirklich nötig gewesen wäre).

Bilderquelle: Spieletipps

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